Nach Wochen im eher kargen und oft kalten Hochland Boliviens wollten wir den Regenwald im Norden des Landes kennenlernen, der sich bis ins Amazonasbecken erstreckt. Max und seine Familie, die wir in Coroico kennengelernt hatten (LINK), waren von ihrem Besuch im Madidi-Nationalpark und den etwas weiter östlich gelegenen „Pampas“ sehr begeistert und zeigten uns ihre schönen Tieraufnahmen, sodass wir beschlossen, den weiten und oft mühsamen Weg nach Rurrenabaque mit dem Auto auf uns zu nehmen. Von dort starten die Touren in den Nationalpark per Boot
Wir fanden einen ganz besonderen Touranbieter „Mashaquipe“: Die 40 Familien einer indigenen „Communidad“ (Gemeinschaft), die vor 20 Jahren ihre Heimat wegen der Gründung des heutigen Nationalparks hatten verlassen müssen, machen aus der Not eine Tugend – sie zeigen Touristen nun „ihren“ Regenwald!
Wo früher ihre Häuser standen, haben sie eine schöne Lodge gebaut.
Hier unser Häuschen aus traditionellen Materialien:
Das Essen ist ebenfalls traditionell, sehr vielseitig und lecker!
Unser Guide, Eber Janco Macuapa, hatte bis zu seinem 15. Lebensjahr im Dschungel gelebt und sein gesamtes Wissen darüber vom Vater gelernt: Vogelstimmen, Rufe der Affen, Rascheln in den Blättern hoch oben – er versteht ihre Bedeutung und kann die Tiere in ihrer Sprache locken, kann uns Tiere und Pflanzen zeigen und erklären, die wir niemals entdeckt hätten.
Wir verbringen auch eine Nacht noch tiefer im Dschungel, schlafen dort unter Moskitonetzen im Freien:
Am Abend wandern wir von dort aus zum Papageienfelsen, um den am Abend laut kreischend die rotblauen Papageien (Makaws) kreisen und sich im rasanten Formationsflug vergnügen:
Der Blick ist grandios:
Früh am Morgen, es ist noch dunkel, brechen wir wieder zu den Papageien auf, um sie diesmal von unten an ihrer Felsenklippe beim Aufstehen zu beobachten. Unterwegs hört Eber wieder ein Rascheln in den Baumwipfeln: Es sind die kleinen Yellow-Squirrel-Äffchen, die zusammen mit den größeren Kapuzineraffen durch die Äste toben.
Dann hören wir die Makaws kreischen. Es regnet und sie bleiben lieber noch unschlüssig in ihren Felshöhlen hocken.
Am letzten Nachmittag unseres Dschungelcamps besuchen wir eine indigene Communidad, die mitten im Regenwald nach wie vor traditionell lebt und arbeitet. Man kann ihr Dorf nur per Boot erreichen, das oberhalb des Flusses liegt. Die Dorfbewohner stehen schon oben an der Sandklippe und die Kinder begrüßen uns, indem sie von dort mehrere Meter vergnügt rufend hinabspringen und geschickt und rasant wieder hinaufklettern.
Wir fühlen uns anfangs noch etwas deplatziert, doch dann zeigen uns die Frauen, was sie aus Naturmaterialien alles herstellen können.
Aus zwei jungen Palmwedeln entsteht in 15 Minuten ein stabiler Korb:
Aus dem Inneren der Samenkapsel Algodon, einer Baumwolle ähnlichen Pflanze, wird ein Faden gesponnen:
Diese Frau webt ein traditionelles Muster:
Wir sind von ihrer Geschicklichkeit sehr beeindruckt! Alles, was sie herstellen, stammt aus den Pflanzen, die sie im Regenwald finden oder selbst anbauen.
Franzi gesellt sich später zu den Holzschnitzern und lässt sich ganz genau zeigen, wie Pfeile und Bogen gearbeitet und benutzt werden. Wir verlassen das Dorf mit einem traditionellen Bogen, der eigentlich für den Sohn der Familie gedacht war, sowie mit einem Paddel, dessen Stiel und Blatt aus einem einzigen Holzstück herausgeschnitzt wurden.
Zurück auf unserem Boot, haben wir das Gefühl, gerade in einer völlig anderen Welt gewesen zu sein!
Früh am nächsten Tag verlassen wir den einzigartigen Dschungel des Madidi-Nationalparks. Wir sind traurig, auch weil wir erfahren haben, dass dieser schöne Teil des Parks durch ein Staudammprojekt der Regierung unter Evo Morales überflutet werden soll.
Per Boot geht es zurück nach Rurrenabaque.
Von dort fahren wir anschließend mit dem Auto und dann wieder mit dem Boot in den Parque Natural Rio Yacuma, in dem an einem ruhigen Fluss unsere neue Lodge „Las Tortugas“ liegt.
Die „Pampas“ sind ein Schutzgebiet, das in der Regenzeit überschwemmt wird, wodurch eine Mischung aus Sumpfgebieten, Savanne und Flusslandschaft entsteht. Rosa Flussdelphine, Faultiere und Affen leben dort, auch Kaimane und Wasserschweine sowie unzählige Vögel wie die Paradiesvögel beleben das Wasser und die Ufervegetation. Hier sind die Tiere im Unterschied zum Dschungel leichter zu beobachten, auch wenn uns Eber den Blick dafür erst schärfen muss.
Besonders gefallen uns die Wasserschildkröten, die schräg aufeinander gestapelt auf Baumstämmen im Wasser in der Sonne liegen.
So bekommt Andrea denn auch ein solches – aus dem besonderen Chonta-Palmholz geschnitztes – Exemplar zu ihrem Geburtstag geschenkt – Feliz cumpleaños en Bolivia!
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Herzlichen Glückwunsch nachträglich zum Geburtstag. Diese Schildkröte wird bestimmt unvergesslich bleiben. Danke mal wieder für den spannenden Bericht!