Auch die Bolivianer kämpfen mit einem historischen Trauma, dass gerne und überall in der Öffentlichkeit proklamiert wird. Damit gerät es auch ja nicht in Vergessenheit.
Das Ganze erinnert uns ein wenig an das Argentinische Trauma aus den 1980er Jahren. Dabei ging es um den vergeblichen Versuch, den Engländern die Falkland Inseln (Islas Malvinas) mit einer kriegerischen Maßnahme abzutrotzen. Siehe dazu auch unser Bericht Falkland Inseln/Malvinas.
In Bolivien geht es nun um den fehlenden Meerzugang. Das Nachbarland Paraguay und Bolivien sind die einzigen Staaten Südamerikas, die über keinen eigenen Zugang zum Atlantik und/oder Pazifik verfügen. Während Paraguay nie einen Zugang hatte, hat Bolivien seinen Zugang im 19. Jahrhundert verloren.
Bolivien hat im Lauf der letzten Jahrhunderte immer wieder Land an die angrenzenden Länder Argentinien, Chile, Paraguay und Brasilien abgeben müssen, entweder durch kriegerische Handlungen oder politische List der Nachbarn. Heute hat Bolivien noch ca. 50% seiner ursprünglichen Fläche aus den Zeiten der Unabhängigkeit von Spanien im Jahre 1825.
Der bolivianische Meerzugang ging im sogenannten Pazifischen Krieg gegen Chile (von 1879 bis 1884) verloren.
Seitdem müssen bolivianische Im- und Exporte per See über Chile oder Peru abgewickelt werden, mit den entsprechenden Kosten für Hafennutzung und Transit.
Seit Jahren klagt Bolivien am Internationalen Gerichtshof gegen Chile, um auf diesem Wege seine Ansprüche auf einen eigenen Meereszugang durchzusetzen.
In der Öffentlichkeit wird dieses Verlangen auf verschiedene Weise zum Ausdruck gebracht:
1] Durch Denkmäler (Erinnerung an den bolivianischen Helden im Pazifischen Krieg gegen Chile, Eduardo Abaroa, der die bolivianische Küstenlinie „Litoral Bolviano“ verteidigte)
2] Durch Plakate
3] Bei der Teleferico in La Paz. Bei der in Betrieb befindlichen grünen, roten und gelben Gondel-Linie, zu erkennen an den entsprechend farbigen Gondeln (und Stationen), sind immer wieder blaue Gondeln dazwischen gehängt. Diese sind beschriftet mit dem Spruch „MarParaBolivia“!
4] Durch entsprechende Einblendungen auf öffentliche Monitore (hier in La Paz am Plaza del Estudiante), Schiffchen-Logo und Text „ElMarNosUne“ oben rechts in der Ecke
5] … und ganz wichtig durch die Präsenz der Bolivianischen Marine überall im Land. Die größte Basis gibt es am Titicaca-See (gut, da gibt es immerhin viel Wasser). Zudem gibt es auch Marine-Stützpunkte im ganzen Land. In La Paz, wo es nur Abwasserkanäle aber weder Fluß noch See gibt und auch in Rurrenabaque am Beni Fluß im Amazonas- Gebiet:
Und so wird das einschneidende Ereignis aus dem Pazifischen Krieg vor mehr als 130 Jahren schön im Bewusstsein der Bevölkerung gehalten – immer wieder ein probates Mittel, um ein Volk hinter sich zu scharen…