Ein überflüssiger Tag am Strand oder „Unsere Rettungsengel aus Osnabrück“ (12.1.2017) 4


Es gibt Dinge, die müssen wirklich nicht sein. Bei gutem Ende gibt es aber wenigstens eine schöne Geschichte. Und von einer solchen will ich hier berichten.

Wir waren auf einer Küstenstraße entlang des Atlantiks unterwegs. Mit verschiedenen Stopps auf der Schotterpiste bei San Antonio Este entlang der Küste wollten wir zur Papageien-Kolonie in El Condor südlich von Viedma (Argentinien) fahren.  Ein kurzer Weg führte uns auch zum Kieselstrand Bahia Rosas, auf den wir einen schnellen Blick werfen wollten, 20 km vor der nächsten kleinen Ortschaft entfernt.

Beim Wenden ist es dann passiert. Ich wollte nicht durch die zarte Strandvegetation fahren und habe mich deshalb für das Wenden auf dem Kiesstrand entschieden, wo schon viele Reifenspuren zu sehen waren. Aus diesem Grund  sind  wir den Strand vorher auch  nicht abgegangen. Ein Versäumnis, das uns sehr viel Zeit gekostet hat…

Ich bin ca. eineinhalb Wagenlängen gefahren und dann ging es nur noch nach unten.

Mit Allrad-Antrieb gräbt man sich so „schön“ mit alle vier Rädern gleichzeitig ein. Das ging ganz schnell und ein kurzes Freischaufeln und Wiederanfahren hat uns dann völlig im losen Kies absaufen lassen.

Das Fahrzeug lag mit dem gesamten Unterboden auf und tat keinen Mucks mehr.

Nun kam unser geballtes „Fachwissen“ zum Thema Fahrzeugbergung zum Einsatz. Leider war die Einführung letztes Jahr nur zwei Stunden lang und beschränkte sich auf theoretisches Anwenden und mögliche technische Hilfsmittel. Von den Hilfsmitteln haben wir einige an Bord und so kamen diese zu ihre ersten echten Einsatz:

  • Zwei Schaufeln
  • Zwei Sandbleche
  • (Aßerdem noch flache Steine, die zum Glück am Strand herumlagen,)

Also haben wir gebuddelt was das Zeug hielt und auch versucht, den Unterboden wieder frei zu bekommen. Wir bugsieren die Sandbleche unter die Hinterräder  und  reduzierten  den Luftdruck deutlich, um die Aufstandsfläche zu vergrößern.

Aber all unsere Bemühungen hatten keinen Erfolg. Beim Anfahren verschwanden die Sandbleche tief im Kies und wir mussten feststellen, dass wir aus eigener Kraft und mit den vorhandenen Hilfsmitteln nicht aus unserer Kieskuhle herauskommen konnten.

Vorbeikommende Angler konnten uns aber zumindest versichern, dass die heraufziehende Flut uns nicht erreichen würde.. Das war nämlich meine große Sorg, denn die  Ablagerungen am Strand  ließen das nicht eindeutig erkennen. Leider konnten uns die Angler ansonsten nicht weiterhelfen. So haben wir uns dann auf eine unfreiwillige Nacht am Strand eingerichtet.

Dabei hätte es so idyllisch sein können.

Gegen Mitternacht kamen noch andere Angler vorbei. Denen schilderten wir unser Problem und sie versprachen, der Polizei im nächsten Ort (La Loberia, 20 km entfernt!) Bescheid zu geben und am kommenden Tag mit einem Laster wiederzukommen. So gegen 11 oder 12 Uhr könnten wir mit ihnen rechnen. So hatten wir sie zumindest verstanden.

Das beruhigte mich aber nur ein wenig. Zum einen standen wir so ungünstig, dass man kaum ein Abschleppfahrzeug hinter den Bus bekommen konnte (wir konnten ja nur rückwärts wieder auf festen Grund kommen) und zum anderen sorgte ich mich, dass es eine Hauruck-Aktion werden würde , bei der am Ende irgend etwas kaputt geht.

Meine Laune war echt auf dem Nullpunkt und die Nacht entsprechend unruhig. Am kommenden Morgen haben wir dann den kompletten Wagen ausgeräumt, alles was irgendwie Gewicht hatte, musste raus: das gesamte Gepäck, der dritte Sitz, das Reserverad, die Wasservorräte.und vieles mehr. Den Unterboden-Wassertank hatten wir vorsorglich am Vorabend schon leergeduscht.

Und, dann begann das Warten. Gegen 11 Uhr kam ein LKW in unsere Nähe, drehte aber wieder um und fuhr davon. Da kamen wir uns vor wie  Schiffbrüchige, die, schon die Rettung vor Augen,  auf der Insel bleiben müssen, weil das Schiff sie nicht erreichen kann.

Auf der Staubstraße war fast kein Verkehr –  es war ”wunderbar“ einsam. Wir beschlossen nun, nicht am Strand sondern direkt oben am Weg zu warten. Und da näherte sich ein Toyota-Landcruiser mit Camping-Aufsatz und:  Osnabrücker Kennzeichen!.

Das Auto hält an und nach der Schilderung unserer Situation sagen die beiden Insassen, dass sie unser Rettungsteam seien. Sie hatten die Nacht in El Condor, etwa 50km östlich von uns übernachtet und wurden am Morgen von einem Mann in Zivil angesprochen (etwas bedrohlich mit der Pistole am Gürtel). Es handelte sich um einen Polizisten in Zivil,  der die beiden bat, uns zu „retten“. Mit dieser Skizze wurden sie zu uns geleitet.

Sie waren ganz rechts auf der Skizze, wir ganz links. Dazwischen lagen 50km Schotter- und Asphaltstraße.

Für uns waren Birgit und Udo die rettenden Engel!!!  Sie hatten eine Schaufel, zwei Sandbleche und vor allem Erfahrung im Bergen von Fahrzeugen – und jede Menge Ruhe und Zuversicht!

Und so ging dann die Rettungsaktion gemeinsam weiter und ich war total erleichtert. Statt einer möglichen Brachial-Bergung mit Schleppfahrzeug wurde es eine fundierte Bergung aus eigener Kraft.

Es wurde gemeinsam weiter geschaufelt,

weitere Sandbleche wurden ausgelegt,

dazu wurde das Fahrzeug noch hinten mit dem Wagenheber angehoben (jetzt weiß ich auch wofür ich das Ding mitschleppe)

und Stück für Stück, mit Umsetzen der Bleche und unter Zuhilfenahme der Steine ein „komfortabler“ Ausweg gebaut.

Nach zweieinhalb Stunden war es dann endlich geschafft und der Wagen hatte wieder festen Boden unter den Rädern, alles völlig zerstörungsfrei – super!

Und hier nun das Rettungsteam:

Nach getaner Arbeit gab es dann eine vollverdiente Pause:

und dann stimmte die Strandidylle endlich wieder.

An dieser Stelle möchten wir Birgit und Udo noch ein „Denkmal“ setzen. Sie haben einen Reisetag geopfert, mussten insgesamt 100km Strecke für die Rettung fahren und haben mit ihrer großen fachlichen Kompetenz und ihrem körperlichen Einsatz zum Gelingen beigetragen.

DANKE – DANKE – DANKE !!!

Für uns war es hingegen eine Lehrstunde im Bergen und hoffentlich auch eine Lehre in Sachen Befahren von unbekanntem Terrain und dem Verlassen auf andere Reifenspuren (bei denen es sich, wie wir später erfuhren, um Quads mit Anhängern und eben nicht um schwere Autos gehandelt hatte)..

Als Birgit und Udo dann wieder auf dem Weg waren, mussten wir noch den Wagen wieder einräumen. Die ganze Aktion hat 24 Stunden gedauert. Nachdem alles wieder im Auto war, ging es weiter zu den Papageien in den Klippen von El Condor, wo wir auch „unsere“ Retter noch einmal getroffen haben.

Dort habe ich dann noch mit dem Kompressor wieder den Luftdruck der Reifen erhöht. Es ist doch gut, selber einen dabei zu haben.

Und so nahm der Tag ein gutes Ende.


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